Woidkes Nationalparkpolitik gescheitert


„Knapp zehn Jah­re nach der Anord­nung der Unter­neh­mens­flur­neu­ord­nung für den Natio­nal­park Unte­res Oder­tal durch das Bran­den­bur­gi­sche Land­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um hat das zustän­di­ge Lan­des­amt für Flur­neu­ord­nung am Frei­tag, den 17.07.2009 zum ers­ten Mal das Gespräch mit dem größ­ten Grund­stücks­ei­gen­tü­mer, dem För­der­ver­ein, gesucht und mit­ge­teilt, dass es gedenkt, den Ver­ein in die Zone I (Total­re­ser­va­te) ein­zu­wei­sen. Seit Anord­nung der Flur­neu­ord­nung hat der Ver­ein dar­auf gedrängt, in die Zone II (50% des Natio­nal­par­kes) ein­ge­wie­sen zu wer­den, so wie es der Anord­nungs­be­schluss zur Flur­neu­ord­nung aus dem Jah­re 2000 auch vorsieht.

Ent­spre­chend die­ses Anord­nungs­be­schlus­ses müss­te sich der Trä­ger des Unter­neh­mens Natio­nal­park, also das Minis­te­ri­um für Länd­li­che Ent­wick­lung, Umwelt und Ver­brau­cher­schutz (MLUV) selbst in die Zone I ein­wei­sen. Erst wenn alle Flä­chen der öffent­li­chen Hand in die Zone I ein­ge­tauscht wor­den sind, kann dar­an gedacht wer­den, auch den pri­va­ten Ver­ein dort einzuweisen.

Ent­ge­gen sei­nem eige­nen Anord­nungs­be­schlus­ses war es aber stets Ziel des MLUV, den Ver­ein nicht in die Zone II ein­zu­wei­sen, wie es recht­lich erfor­der­lich ist, son­dern statt­des­sen in die Zone I ( Totalreservate).

Der Ver­ein wird die­se rechts­wid­ri­ge Vor­ge­hens­wei­se, die der eige­nen Anord­nung des Minis­ters wider­spricht, nicht akzep­tie­ren und zwar aus fol­gen­den Gründen:

1. Als Eigen­tü­mer der Total­re­ser­va­te, in denen zukünf­tig kei­ne Nut­zung mehr mög­lich sein soll, hat der Ver­ein auch kei­ne natur­schutz­fach­li­chen Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten mehr. Er hat aber das Inter­es­se und die Kom­pe­tenz, auch lang­fris­tig Arten- und Bio­top­schutz­maß­nah­men auf sei­nen Flä­chen durch­füh­ren zu können.

2. Auf aus­ge­wie­se­nen Total­re­ser­vat­s­flä­chen hat der Ver­ein zwar regel­mä­ßi­ge Kos­ten zu tra­gen, z.B. für den Was­­ser- und Boden­ver­band, kann aber kei­ner­lei Ein­nah­men mehr erzie­len. Genau das scheint jedoch die Absicht des MLUV zu sein, näm­lich dem Ver­ein Ein­nah­men zu ent­zie­hen und ihn mit Aus­ga­ben zu belas­ten, was frü­her oder spä­ter zur Zah­lungs­un­fä­hig­keit führt.

Anders als ver­spro­chen, ist im novel­lier­ten bran­den­bur­gi­schen Was­ser­ge­setz näm­lich nicht ver­bind­lich fest­ge­legt, dass ein Eigen­tü­mer von Total­re­ser­va­ten von Gebüh­ren für den Was­­ser- und Boden­ver­band befreit ist. Er darf ledig­lich vom MLUV die Erstat­tung der bezahl­ten Gebüh­ren erbit­ten, die ihm ganz oder antei­lig, je nach Kas­sen­la­ge und Ermes­sen des MLUV, gewährt wer­den kann – oder aber auch nicht.

3. Der Ver­ein bekennt sich zu der poli­ti­schen Vor­ga­be, die Hälf­te des Natio­nal­par­kes aus der Nut­zung zu neh­men und der Natur zu über­las­sen. Die recht­li­che Aus­wei­sung von Total­re­ser­va­ten ist aber Auf­ga­be des Lan­des und nicht eines pri­va­ten Ver­eins. Des­we­gen muss sich, wie im Anord­nungs­be­schluss zu lesen, das Land selbst in den Besitz der geplan­ten Total­re­ser­va­te setzen.

Wich­ti­ger und kurz­fris­tig zu rea­li­sie­ren wäre es hin­ge­gen, zunächst das kos­­ten- und ener­gie­auf­wen­di­ge all­jähr­li­che Abpum­pen des Fid­di­chower Pol­ders (10) sofort ein­zu­stel­len und die Ein – und Aus­lass­bau­wer­ke ganz­jäh­rig offen zu las­sen. Die im Gebiet wirt­schaf­ten­den Land­wir­te haben die­sem Vor­ge­hen ent­spre­chend der was­ser­wirt­schaft­li­chen Mach­bar­keits­stu­die des MLUV bereits zuge­stimmt, wenn ihre Flä­chen den­noch för­der­fä­hig bleiben.

Es dürf­te dage­gen sehr schwer wer­den, wie vom Land geplant, rund 3.000 ha land­wirt­schaft­li­cher Nutz­flä­che durch die for­mel­le Aus­wei­sung als Total­re­ser­va­te aus der För­der­ku­lis­se zu neh­men. Für die land­wirt­schaft­li­chen Betrie­be wür­de dies näm­lich ein För­der­mit­tel­ver­lust von 1–1,5 Mil­lio­nen € pro Jahr bedeu­ten. Wenn das umge­setzt wer­den soll, muss es das Minis­te­ri­um schon sel­ber tun und nicht einem klei­nen Ver­ein in die Schu­he schie­ben, um ihn gleich­zei­tig zu beschul­di­gen, er wol­le die Land­wirt­schafts­be­trie­be unter­drü­cken. Das passt nicht zusammen.

Der Ver­ein bedau­ert, dass es bis­her trotz zahl­rei­cher Kom­pro­miss­vor­schlä­ge von sei­ner Sei­te nicht zu einem Ver­hand­lungs­er­geb­nis gekom­men ist. Unbe­scha­det der ein­deu­ti­gen Rechts­la­ge wäre er bereit, frei­wil­lig im Rah­men einer aus­zu­han­deln­den Gesamt­lö­sung in erheb­li­chen Umfang auch Total­re­ser­va­te zu über­neh­men. Über 60% der heu­te bereits aus­ge­wie­se­nen Total­re­ser­va­te gehö­ren übri­gens dem Ver­ein. Das Land Bran­den­burg hät­te hier einen erheb­li­chen Nach­hol­be­darf in sei­nem eige­nen Natio­nal­park abzuarbeiten.

Schon heu­te sind beim zustän­di­gen Ver­wal­tungs­ge­richt in Pots­dam gegen fünf gegen den Ver­ein gerich­te­te Ver­fü­gun­gen des MLUV fünf Kla­gen anhän­gig. Eine Kla­ge rich­tet sich gegen ein erneu­tes Über­tra­gungs­ver­bot der Ver­eins­flä­chen auf die Natio­nal­park­stif­tung. Die­ser von Anfang an geplan­ten Flä­chen­über­tra­gung hat­te das MLUV in einem Ver­gleich vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt Pots­dam im Jah­re 2006 bereits zuge­stimmt, dann aber nicht Wort gehal­ten. Bei den ande­ren vier Streit­fäl­len geht es um Rück­for­de­run­gen des MLUV von ins­ge­samt rund 1 Mil­li­on €, die das MLUV auf­ge­macht hat, nach­dem es im oben genann­ten Ver­gleich von 2006 alle finan­zi­el­len For­de­run­gen gegen­über dem Ver­ein bereits für erle­digt erklärt hatte.

Der Ver­ein kann dem Aus­gang der Rechts­strei­tig­kei­ten mit gro­ßer Gelas­sen­heit ent­ge­gen sehen. Es steht zu erwar­ten, dass dem Land Bran­den­burg, wie schon in einem frü­he­ren Ver­fah­ren erneut „rechts- und sit­ten­wid­ri­ges Ver­hal­ten“ im Umgang mit frem­der Leu­te Eigen­tum von den Gerich­ten beschei­nigt wird. Das muss man eigent­lich nicht schon wie­der haben.

Nir­gend­wo aber dau­ern Ver­wal­tungs­ge­richts­ver­fah­ren so lan­ge wie in Bran­den­burg, es wird also viel Zeit und Geld kos­ten. Dem Ver­ein scha­det das nicht, wohl aber dem Natur­schutz des Lan­des. Des­we­gen hofft der Ver­ein spä­tes­tens nach den anste­hen­den Wah­len auf eine ver­nünf­ti­ge Ver­hand­lungs­lö­sung im Inter­es­se der Sache.

Herr Woid­ke been­det, schlecht bera­ten, sei­ne Amts­zeit als Minis­ter, wie er sie vor 6 Jah­ren begon­nen hat, mit einem aus­sichts­lo­sen, unnö­ti­gen Streit zum Scha­den des Naturschutzes.

Unbe­scha­det des sich abzeich­nen­den Strei­tes wer­den wir alles ver­su­chen, um die gute Zusam­men­ar­beit des Natur­schut­zes vor Ort nicht dar­un­ter lei­den zu lassen.“

Tho­mas Berg
Vorstandsvorsitzender