Im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes von gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung hat der Verein der Freunde des Deutsch-Polnischen Europa-Nationalparks „Unteres Odertal“ als Träger des Naturschutzgroßprojektes bei dem Institut für Umweltstudien (IUS) in Heidelberg die Erarbeitung eines Pflege- und Entwicklungsplans in Auftrag gegeben. Dieser wurde eingehend mit der interessierten Öffentlichkeit diskutiert und im Mai 1999 mit Vertretern des Landes Brandenburg und der Bundesrepublik Deutschland abgestimmt.
Der Pflege- und Entwicklungsplan regelt für das Kerngebiet parzellenscharf die Nutzung der einzelnen Flächen. Ziel ist es dabei, aus naturschutzfachlicher Sicht die künftige Nutzung so zu gestalten, dass sich das Ökosystem, insbesondere die Tier- und Pflanzenwelt vom menschlichen Einfluss weitgehend unbeeinflusst entwickeln und entfalten kann. Dabei ist natürlich Rücksicht auf die vorhandene wirtschaftliche, verkehrliche und touristische Nutzung zu nehmen.
Insbesondere regelt der Pflege- und Entwicklungsplan die Nutzungszeit und die Nutzungsintensität. So dürfen im Kerngebiet gelegene Flächen künftig nicht vor dem 30.06. eines jeden Jahres genutzt werden, teilweise auch später, wenn es beispielsweise das Brutverhalten bestimmter Vögel wie des Seggenrohrsängers (Acrocephalus paludicola) oder des Wachtelkönigs (Crex crex) erfordert. Auch die Nutzungsintensität wird eingeschränkt, so ist der Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden verboten, die Besatzdichte ist auf eine Großvieheinheit pro Hektar beschränkt, die Mähwiesen sollen mit Niederwild schonenden Balkenmähern und nicht mit Kreiselmähern geschnitten werden und dabei möglichst kleinteilig und von innen nach außen gemäht werden. Bei der Beweidung werden die Ufer- und Waldbereiche durch Elektrozäune vor Trittschäden der Huftiere geschützt.
Im Wald werden fremdländische Gehölze und Monokulturen nach und nach aufgelockert oder entfernt. Die Trockenrasen werden regelmäßig von Schafen (Ovis) beweidet, um eine Verbuschung zu verhindern.
Entsprechend dem brandenburgischen Nationalparkgesetz soll die Hälfte des Gebietes, also rund 5.000 ha aus der Nutzung genommen und der natürlichen Entwicklung überlassen werden (Totalreservate). Der Pflege- und Entwicklungsplan hält sich an diese gesetzlichen Vorgaben. Er sieht die Entwicklung von rund 50 % der Fläche als von Menschen ungenutztes Wildnisgebiet vor. Die Ausweisung der Totalreservate ist allerdings entsprechend dem Nationalparkgesetz Aufgabe der staatlichen Nationalparkverwaltung.
Der Pflege- und Entwicklungsplan wurde in den letzten 20 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt, insbesondere die naturschutzfachlichen Auflagen, die den landwirtschaftlichen Pächtern gegen Pachtreduktion gemacht werden. Trotz dieser Auflagen ist die landwirtschaftliche Nutzfläche des Vereins unter den regionalen Pächtern sehr nachgefragt, nicht zuletzt wegen der hohen EU-Agrarsubventionen. Konflikte mit der örtlichen Landwirtschaft, in früheren Jahren gezielt, wenn auch verdeckt, von der staatlichen Verwaltung geschürt, gibt es seit dem Jahre 2000, als die Förderung des Vereins durch das zuständige Brandenburgische Ministerium abrupt beendet wurde, nicht mehr. Das Verhältnis zwischen den örtlichen Landwirten und dem Nationalparkverein als Grundeigentümer ist sachlich und partnerschaftlich.
Gemeinsam mit den Landwirten werden die, für den Naturschutz wichtigen Einschränkungen festgelegt, einerseits so verlässlich, dass die Landwirte wirtschaftlich planen können, andererseits so flexibel, dass auf die von Jahr zu Jahr unterschiedliche Konzentration von seltenen Brutvögeln auch Rücksicht genommen werden kann. Generell gilt in einem Nationalpark die Maxime, die Eingriffe des Menschen so gering wie möglich zu halten.
Dennoch muss die Landwirtschaft auf den 50 % der Flächen des Nationalparkes, die entsprechend dem Willen des Gesetzgebers auch weiterhin landwirtschaftlich nutzbar sind, auch wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden können. Der Nationalparkverein hat in den letzten 25 Jahren bei der Anwendung des Pflege- und Entwicklungsplanes gezeigt, dass dies mit Augenmaß und Vernunft möglich ist.