Naturtourismus ist ein wesentlicher Bestandteil eines jeden Nationalparkes. Die Kunst ist es, ihn in die richtigen Bahnen zu lenken. Einerseits sollen die Besucher mit der Natur vertraut gemacht werden, andererseits sie nicht belasten oder gar zerstören. Dabei hat das Untere Odertal den Vorteil, dass es durch seine abgelegene Grenzlage von Touristen nach wie vor nicht überrannt wird, anders als klassische Touristenregionen in der Sächsischen Schweiz, im Harz oder an den Meeresküsten. Im Unteren Odertal ist der Besucher an den meisten Tagen des Jahres alleine unterwegs.
Dennoch gibt es, auch mit Blick auf die gewünschte Zunahme der Besucher, einiges zu beachten. So haben Naturschützer von Anfang an kritisiert, dass das für einen kleinen Nationalpark mit 10.000 Hektar Größe gut 200 Kilometer lange Wegenetz zu dichtmaschig ist. Insbesondere die Vögel werden in der offenen, weiten Landschaft, wenn viele Besucher im Gebiet sind, zu sehr gestört. Zwar werden künftig einige Wege, wenn sie nicht regelmäßig gepflegt werden, im Laufe der Zeit einfach aus der Nutzung gehen, aber es wäre schon sinnvoll, diesen notwendigen Schrumpfungsprozess ein wenig zu steuern.
Wichtig wäre auch, nicht alle Touristen gleich in das Herzstück des Nationalparks hineinzuführen. Attraktionen am Rande können hier eine Filterfunktion übernehmen und dennoch mehr Menschen, auf die die Tourismuswirtschaft ja angewiesen ist, in die Region holen. Diesem Zweck dient ja auch das attraktive Wisentgehege neben dem Besucherparkplatz in Criewen. Dabei handelt es sich aber um eine private Initiative. Hier wären weitere, ähnliche Maßnahmen sinnvoll.
Problemfeld Bootsverkehr
Im Auge behalten muss man auch den Bootsverkehr in den Schutzgebieten. Im polnischen Zwischenoderland fahren die Boote, auch Motorboote, auf den insgesamt rund 200 Kilometer langen Wasserwegen, heute schon mehr oder weniger ungehindert und unkontrolliert, ein schwerer Eingriff in die ansonsten lediglich von Anglern gestörte, unberührte Natur. Auf deutscher Seite waren die Verhältnisse dahingehend einfacher, als keine direkte Einfahrt von den für die Schifffahrt selbstverständlich freigegebenen Bundeswasserstraßen in die Polder möglich ist. Außerdem war während der DDR-Herrschaft Bootsverkehr auf den Poldergewässern nicht erlaubt. Einschränkungen waren also nicht notwendig. Dennoch hat die Nationalparkverwaltung den Kanutourismus, wenn auch zeitlich und örtlich begrenzt, neu im Gebiet etabliert. Einmal eingeführt besteht immer die Gefahr der Ausdehnung und Erweiterung. Das relativ kleine, offene Schutzgebiet verträgt aber neben den besucherbedingten Störungen auf den zahlreichen Wanderwegen nicht auch noch weitere Störungen von den bald ebenso zahlreichen Gewässern aus. Hier muss man die Entwicklung also sehr genau im Auge behalten.