In den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es im Berliner und Münchner Zoo Versuche, aus urtümlichen Hausrindrassen den Auerochsen „zurückzuzüchten“. Die Zoodirektoren in Berlin und München waren die Brüder Heinz und Lutz Heck. Die Ergebnisse ihrer Zucht und deren Nachkommen werden als Heckrinder bezeichnet.
Wenn auch die Rückzucht eines ausgestorbenen Tieres nicht wirklich möglich ist, sind die Zuchtergebnisse beachtlich. Das Heckrind ist äußerlich dem Auerochsen, den wir aus historischen Darstellungen kennen und aus Skelettresten rekonstruieren können, inzwischen sehr ähnlich. Allerdings erreicht das Heckrind noch nicht die beeindruckende Körpergröße des ausgestorbenen Auerochsen. Bullen haben Schulterhöhen von 160 cm bis 180 cm und ein Gewicht von 1.000 kg erreicht. Seit den 90er Jahren wird versucht, durch Einkreuzen großer Rinderrassen diesem Mangel abzuhelfen. Die aus diesen Zuchtversuchen hervorgehenden Tiere werden Taurusrinder genannt.
Seit mehreren Jahrzehnten werden Heckrinder in Naturschutzprojekten eingesetzt, da sie sehr robust sind, ganzjährig im Freien gehalten werden können und ihre Kälber ohne menschliche Hilfe zur Welt bringen. Wenn ihnen eine genügend große Weide zur Verfügung steht, kommen sie – außer in Notzeiten – ohne Zufütterung aus.
Dadurch, dass die Tiere hier in geringer Beweidungsdichte gehalten werden, strukturieren sie die Landschaft auf (nahezu) natürliche Weise. Sie fressen in der Wachstumsperiode die Teile der Vegetation, die offenkundig besonders schmackhaft sind. Anderes bleibt stehen. In der winterlichen Notzeit werden dann die überständigen Bestände abgeweidet. Hierdurch entsteht ein Vegetationsmosaik, das für viele sonst eher seltene Insekten- wie Vogelarten attraktiv ist.
2010 hat unser Verein diese urtümlichen Tiere auf einer Fläche zwischen Lunow und Stolzenhagen am südlichen Rand des Nationalparks angesiedelt. Inzwischen haben wir die Haltung der eigens dazu gegründeten Öko Agrar GmbH Unteres Odertal übergeben. Sie hält und züchtet die Auerochsen auf nun nunmehr fünf großen Weideflächen.
Dort leben sie unter nahezu natürlichen Verhältnissen. Lediglich ihren Aktionskreis müssen wir durch Einkoppelung der Flächen begrenzen.
Da sie sich vermehren und gerade männliche Tiere nicht in beliebiger Zahl zusammen gehalten werden können, wird bei uns auch regelmäßig geschlachtet. Das Fleisch der hier nahezu unter natürlichen Verhältnissen lebenden Tiere ist sehr hochwertig.
Die wilde Weide
Auf diesen – hier in der Karte rot umgrenzten – Weideflächen bei Lunow können Sie Auerochsen und die Konik-Pferde bzw. Exmoor-Ponys beobachten. Allerdings sind beide Weiden recht groß, die nördliche gut 60 ha. Es kann sein, daß die Tiere weit entfernt stehen oder sich im hohen Gras zur Ruhe gelegt haben. Ein wenig Glück ist nötig, wenn Sie die Tiere sehen wollen. Aber ein Besuch lohnt auf jeden Fall. Am besten zu sehen ist die nördliche Fläche vom Kanaldeich aus. Dazu gehen Sie (oder fahren mit dem Fahrrad) von Lunow aus über die Brücke und dann nach links (nach Norden) in Richtung Stolzenhagen oder von Stolzenhagen aus über die Brücke nach rechts (nach Süden) in Richtung Lunow. Auf dieser Weide treffen Sie neben Auerochsen auch Exmoor-Ponys an. Auf der südlichen Weidefläche – am Oder-Neiße-Radweg zwischen Lunow und der Oder gelegen – können Sie Auerochsen und Koniks beobachten.