Um den Großschifffahrtsweg von Stettin (Szczecin) ganzjährig für größere Frachtschiffe befahrbar zu halten, den Ertrag der Landwirtschaft im Odertal selbst und die Vorflut für das weiter südlich gelegene Oderbruch zu verbessern wurde Anfang des 20. Jahrhunderts das bis dahin von Menschen noch weitgehend unverbaute Odertal nach holländischen Plänen umgestaltet. Bei dieser Gelegenheit wurden, heute auf deutscher Seite, mehrere Nasspolder (Polder A: ca. 1.644 Hektar, Polder B: ca. 1.303 Hektar, Polder 10: ca. 1.773 Hektar) geschaffen, also durch Deiche geschützte Poldergebiete zwischen der östlich gelegenen Stromoder und der westlich gelegenen Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße. Auch der ehemalige Gartzer Polder und der Schillersdorfer Polder, das heute polnische Zwischenoderland, waren als Nasspolder ausgelegt.
Die Polder werden in der Regel nur im Winter überflutet. Ab dem 15. April eines jeden Jahres jedoch werden sie durch den natürlichen Abfluss des Wassers bzw. zusätzlich durch elektrische Pumpen trockengelegt. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist geplant, das Überflutungsgeschehen in den Nasspoldern möglichst lange vom Menschen unbeeinflusst und die Ein- und Auslassbauwerke möglichst ganzjährig, mindestens aber bis zum 31. Mai eines jeden Jahres offen zu lassen.
Gerade für einen Auennationalpark sind möglichst naturnahe Wasserverhältnisse essentiell. Eine vom Land in Auftrag gegebene wasserwirtschaftliche Machbarkeitsstudie hat zumindest für den Fiddichower Polder (10), aber im Prinzip auch für den Criewener und Schwedter Polder (A/B) festgestellt, dass eine solche ganzjährige Öffnung bei entsprechenden Einschränkungen für die Landwirtschaft ohne Schäden für den Hochwasserschutz möglich ist.
Immerhin ist es zwölf Jahre nach Nationalparkgründung gelungen, den kleinen Staffelder Polder (8) mit einer Größe von 40 Hektar wieder an das Wassergeschehen der Westoder anzuschließen. Der den Polder von der Westoder trennende Deich wurde dazu im Jahre 2008 an drei Stellen geöffnet. Allerdings muss man wissen, dass die Westoder kein natürliches Gewässer ist und nach bestimmten Regeln nur begrenzt Wasser aus der Stromoder durch das Marienhofer Wehr zugeteilt bekommt. Ansonsten hängt die Westoder am Wassersystem der Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße, liegt im Wesentlichen auf Meereshöhe und wird in ihrer Strömungsaktivität sehr stark vom Stettiner Haff und der Ostsee beeinflusst.
Weiterführende Literatur
Eine genaue Beschreibung der Wasserwirtschaft und des Poldersystems im unteren Odertal findet sich im Buch „Der Internationalpark Unteres Odertal – Ein Werk- und Wanderbuch“ (VÖSSING 1998, Stapp Verlag Berlin, S. 84 ff).