Schwere Niederlage für den Landkreis Barnim und die Großagrarier (04.01.2011)

 

Vor dem zustän­di­gen Amts­ge­richt in Frankfurt/Oder hat kurz vor Weih­nach­ten der Land­kreis Bar­nim einen dop­pel­ten Rechts­streit gegen den Ver­ein der Freun­de des Deutsch-Pol­­ni­­schen Euro­­pa-Natio­nal­­par­kes Unte­res Oder­tal e. V. (Natio­nal­park­ver­ein) ver­lo­ren. Mit Hil­fe des Grund­stücks­ver­kehrs­ge­set­zes (GrdstVG) und des Reichs­sied­lungs­ge­set­zes (RSiedlG) woll­te das dor­ti­ge Land­wirt­schafts­amt ein Vor­kaufs­recht zuguns­ten der Agrar­ge­nos­sen­schaft Lüders­dorf wahr­neh­men. Der Natio­nal­park­ver­ein hat­te als Land­wirt­schafts­be­trieb land­wirt­schaft­li­che Flä­chen zunächst gepach­tet und dann gekauft, was der Land­kreis ver­hin­dern wollte.

Im Lau­fe des Ver­fah­rens wech­sel­te die Begrün­dung des Land­krei­ses Bar­nim. Zunächst hat­te er behaup­tet, der Ver­ein betrei­be kei­ne ord­nungs­ge­mä­ße, leis­tungs­fä­hi­ge und gewinn­ori­en­tier­te Land­wirt­schaft, son­dern Lieb­ha­be­rei und ein Hob­by. Dann wech­sel­te der Land­kreis die Stra­te­gie und behaup­te­te, ein gemein­nüt­zi­ger Ver­ein sei selbst als leis­tungs­fä­hi­ger und gewinn­ori­en­tier­ter Land­wirt kein Land­wirt im Sin­ne des Geset­zes, des­we­gen kön­ne der Kreis ein Vor­kaufs­recht wahr­neh­men. Mit bei­den Argu­men­ta­ti­ons­strän­gen hat­ten die Behör­den nun kei­nen Erfolg. 

Ver­lie­rer des Ver­fah­rens ist aber nicht nur der Land­kreis, son­dern auch die Agrar­ge­nos­sen­schaft Lüders­dorf, die bis­her im Ver­trau­en auf amt­li­che und poli­ti­sche Rücken­de­ckung jede Form kol­le­gia­ler Zusam­men­ar­beit mit ihren benach­bar­ten, land­wirt­schaft­li­chen Betrie­ben ablehnt und wie zu Zei­ten des vor zwan­zig Jah­ren unter­ge­gan­ge­nen Sozia­lis­mus wei­ter­hin selbst­herr­lich alles bestim­men möch­te. Durch eige­nes Ver­schul­den ver­liert die Agrar­ge­nos­sen­schaft in erheb­li­chem Umfang Flä­chen und wird nun nicht umhin kön­nen, zu nor­ma­len Koope­ra­ti­ons­for­men unter Land­wir­ten zurückzufinden.

Ein schwe­rer Schlag ist der Gerichts­be­schluss aber auch für die Land­ge­sell­schaft Sach­­sen-Anhalt und den Lan­des­bau­ern­ver­band, bei­des Lob­by­is­ten der Groß­agra­ri­er, die in jedem Fal­le ver­hin­dern woll­ten, dass sich der pri­va­te Natio­nal­park­ver­ein als land­wirt­schaft­li­cher Neu­ein­rich­ter eta­blie­ren, Flä­chen erwer­ben und För­der­mit­tel bean­tra­gen kann. Die­se unlieb­sa­me Kon­kur­renz soll­te von vorn her­ein aus­ge­schal­tet wer­den, ein Ver­such, der gründ­lich miss­lun­gen ist.

Zu den­ken geben soll­te der Gerichts­be­schluss aber vor allem dem Lan­des­amt für länd­li­che Ent­wick­lung, Land­wirt­schaft und Flur­neu­ord­nung (LELF) und damit dem direkt über­ge­ord­ne­ten Land­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um und sei­nem Abtei­lungs­lei­ter Hans Rüdi­ger Schu­bert. Das Lan­des­amt und indi­rekt auch das Minis­te­ri­um haben erfolg­los ver­sucht, den Ver­ein als land­wirt­schaft­li­chen Neu­ein­rich­ter zu ver­hin­dern. Statt­des­sen hat das Gericht fest­ge­hal­ten, dass eine Ver­söh­nung zwi­schen Land­wirt­schaft und Natur­schutz wie vom Ver­ein prak­ti­ziert ein schutz­wür­di­ges Ziel der deut­schen Agrar­po­li­tik ist.

Der Beschluss des Amts­ge­rich­tes ist ein leben­di­ger Beweis für einen funk­tio­nie­ren­den Rechts­staat, an dem die geball­te Macht der Land­wirt­schafts­lob­by in Bran­den­burg letzt­end­lich geschei­tert ist. Nun sind alle Betei­lig­ten gut bera­ten, das Urteil zu akzep­tie­ren und zu einem ver­nünf­ti­gen, gleich­be­rech­tig­ten Mit­ein­an­der zurück­zu­fin­den. Der Ver­ein wird auch wei­ter­hin, dort wo er koope­ra­ti­ve Part­ner fin­det, sei­ne Flä­chen in ers­ter Linie an orts­an­säs­si­ge Land­wir­te, wenn auch unter natur­schutz­fach­li­chen Auf­la­gen, ver­pach­ten. Sein eige­ner öko­lo­gi­scher Land­wirt­schafts­be­trieb wird ein Neben­er­werb bleiben.

Dr. Ans­gar Vössing
Stellv. Vorstandsvorsitzender