Jahrespresseerklärung des Vereins der Freunde des Deutsch-Polnischen Europa-Nationalparks Unteres Odertal e.V. 2016
Der Nationalparkverein nutzt die Gelegenheit des Jahreswechsels, um auf das Jahr 2015 zurückzublicken und Ausschau auf das beginnende Jahr 2016 zu nehmen.
- Naturschutzarbeit
Schwerpunkt des Vereins ist und bleibt der Naturschutz. Im Nationalpark hat der Verein dazu die größte Expertise in der naturschutzkonformen Bewirtschaftung der Zone II Flächen. Alle landwirtschaftlichen Nutzflächen des Vereins sind mit naturschutzfachlichen Auflagen an landwirtschaftliche Betriebe verpachtet. Die Nachfrage nach solchen Pachtflächen des Vereins übersteigt das Angebot bei weitem. Die Auflagen betreffen die Nutzungsarten, die Nutzungszeiten und die Nutzungsintensitäten. Der Nationalparkverein will auf diesen Flächen Arten- und Biotopschutz betreiben, beispielsweise für Seggenrohrsänger, Wachtelkönige oder Brenndolden, aber auch generell gute Lebens‑, Brut- und Nahrungsbedingungen für Wiesenbrüter schaffen. Deswegen kämpft er auch weiterhin für möglichst natürliche Wasserstände. In Einzelfällen werden auch Nisthilfen für Fischadler, Störche und Wiedehopfe aufgestellt. - Flurneuordnung
Die vorläufige Besitzeinweisung von 2013 bringt mit ihren großen Schlägen durchaus einige Vorteile für die Bewirtschaftung. Der Nationalparkverein kritisiert aber nach wie vor, dass sich das Land Brandenburg selbst weit weniger Schutzgebietsflächen zuweist (Zone Ia und Ib) als dem privaten Verein. Das widerspricht dem Flurneuordnungsgesetz und dem eigenen Anordnungsbeschluss des brandenburgischen Landwirtschaftsministeriums vom Dezember 2000, sowie der bundesweit üblichen Praxis. Dass der Nationalparkverein, wie viele andere Zuwendungsnehmer auch, im letzten Jahrtausend für den Flächenkauf Fördermittel erhalten hat, ist für diese Vorgehensweise der Landesregierung kein hinreichender Grund. Das Land Brandenburg verfügt in der Nationalparkregion über ausreichend Flächen, um sich alle geplanten Totalreservate (rund 5.000 Hektar) selbst als Besitz und später als Eigentum zuzuordnen. In der mündlichen Verhandlung hat der vorsitzende Richter im Oberverwaltungsgericht erkennbar ein gewisses Verständnis für diese Position des Vereins gezeigt. Es wird nun darauf ankommen, ob das Landwirtschaftsministerium den Flurbereinigungsplan entsprechend der vorläufigen Besitzeinweisung vorlegt oder die Überlegungen des Kammerpräsidenten im Vorfeld berücksichtigt. Der Verein behält sich rechtliche Schritte gegenüber dem Flurbereinigungsplan des Landwirtschaftsministeriums jedenfalls weiterhin vor. Die anderen, noch anhängigen Streitsachen zwischen dem Nationalparkverein und der brandenburgischen Landesregierung sind gegenüber diesem wichtigen Streitpunkt zweitrangig.
Im Übrigen hat der Nationalparkverein seit seiner Gründung sein Ziel und sein Profil nicht geändert. Dazu gehören der Naturschutz, die ökologische Landwirtschaft, die Umweltbildung und die Naturforschung. Die ökologische Landwirtschaft wird von der Öko Agrar GmbH übernommen, die Umweltbildung von der Internationalpark Unteres Odertal GmbH. Das entlastet den Verein. Er wird sich aber weiterhin zu allen wichtigen Fragen des Naturschutzes im Unteren Odertal äußern, zuletzt zu den von der Weltbank finanzierten polnischen Plänen zur Rekultivierung des Zwischenoderlandes. - Internetauftritt
Der Internetauftritt des Nationalparkvereins ist in den letzten Monaten aktualisiert worden. Er gehörte zu dem am meisten von Interessenten aufgesuchten Auftritten. Neben dem Nationalpark-Jahrbuch und der Nationalparkzeitung gehört der aktualisierte und modernisierte Internetauftritt zu den wichtigsten Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit. Im Laufe des Jahres 2016 werden alle Inhalte auf den neuesten Stand gebracht. Schon jetzt kann auf den überaus informativen Fundus der meisten Fachpublikationen, die in den Nationalpark-Jahrbüchern veröffentlicht wurden, zugegriffen werden. - Landerwerb
Der Nationalparkverein verfügt zusammen mit seinen Partnern über genug finanzielle Möglichkeiten, um alle für den Naturschutz in der Region wichtigen Flächen, sofern sie ihm von Verkaufswilligen angeboten werden, auch erwerben zu können. Der Landerwerb aus Naturschutzgründen geht also unverändert weiter. Der Verein sieht darin das wichtigste und sehr nachhaltige Instrument des Naturschutzes. - Existenzgründungen
Der Nationalparkverein unterstützt junge, ökologisch wirtschaftende Landwirte und ihre Familien bei ihrer Existenz- und Hofgründung in der Nationalparkregion durch eine bevorzugte Vergabe von landwirtschaftlichen Nutzflächen zu deutlich vergünstigten Pachtkonditionen. Biobetriebe mit hoher Wertschöpfung und neuen, regional beheimateten Arbeitsplätzen sind wichtig für die Region und den Naturschutz. In mehreren Fällen ist es schon gelungen, jungen Landwirten und ihren Betrieben einen guten Start in die Produktion und ins Erwerbsleben zu ermöglichen. Wir wollen die Menschen in der Region halten, ihnen Arbeit und Selbstständigkeit geben und ihnen eine Landwirtschaft im Einklang mit der Natur ermöglichen. Eigentlich wäre das auch eine Aufgabe der brandenburgischen Landespolitik. Die unterstützt aber traditionell die alten, großen LPG-Nachfolgebetriebe, die auf Gedeih und Verderb den preislichen Schwankungen des Weltmarktes bzw. den Konditionen weniger Großhändler ausgeliefert sind. Es wird sich zeigen, inwieweit die Neubesetzung des Leiters der Abteilung Landwirtschaft im brandenburgischen Landwirtschaftsministerium durch einen erfahrenen Verwaltungsbeamten zu einer Kurskorrektur führen wird. Wie in anderen Bereichen auch muss hier bisher der Nationalparkverein diese schmerzliche Lücke füllen und eine Lenkungsfunktion übernehmen, die eigentlich Landessache wäre, nämlich die ländliche Region nachhaltig durch den Aufbau ökologisch ausgerichteter, bäuerlicher Strukturen zu stärken.
Thomas Berg (Vorstandsvorsitzender)