Landesumweltamt legt einzigen Nationalpark Brandenburgs trocken
Trotz Wassermangel und drohender Versteppung in Brandenburg laufen die Pumpen im Nationalpark Unteres Odertal wieder auf Hochtouren
Es ist wieder so weit. Wie in jedem Jahr werden vom zuständigen Landesumweltamt im Verwaltungsbereich des eigentlich für den Naturschutz zuständigen Landwirtschaftsministers die großen, Energie fressenden Pumpen angeworfen und der einzige Auennationalpark Deutschlands wird leer gepumpt. Viele seltene Vögel, beispielsweise Trauersee‑, Weißbartsee- und Weißflügelseeschwalbe, die gerade mit dem Brutgeschäft begonnen haben und auf hohe Wasserstände angewiesen sind, sitzen auf dem Trockenen und werden mit ihren Gelegen eine leichte Beute von Fuchs und Marderhund. Mit diesen kostenintensiven Maßnahmen soll den Landwirten eine möglichst frühe Grünlandnutzung ermöglicht werden, obwohl sie auf diese zur Futterversorgung, wenn überhaupt, dann doch sehr eingeschränkt angewiesen sind.
Das Land müsse, so Landwirtschaftsminister Dietmar Woidke am 27.12.2006, noch stärker mit dem Wasser haushalten, das Oberflächenwasser möglichst lange in der Landschaft gehalten werden, ehe es abfließe. Diesen weihnachtlichen Worten des für Landwirtschaft, Naturschutz und Wasserwirtschaft zuständigen brandenburgischen Ministers ist eigentlich nichts hinzuzufügen, angesichts der Klimawandel bedingt zunehmenden Wasserarmut, gerade in Brandenburg, die zunehmend die Gefahr einer Versteppung heraufbeschwört. Immer mehr landwirtschaftliche Flächen in Brandenburg müssen schon heute kostenaufwendig beregnet werden, sollen sie weiterhin hinreichende Erträge abwerfen.
Aber zwischen den Sonntagsreden eines Ministers und der von ihm verwalteten Wirklichkeit liegen Abgründe. Noch immer werden im einzigen Auennationalpark Deutschlands, dem Unteren Odertal, nach dem Schließen der Ein- und Auslassbauwerke Mitte April die zuvor im Winterhalbjahr gefluteten Polder mit großem Energie- und Kostenaufwand leer gepumpt. Der Wasserstand im Polder wird dann häufig deutlich unter den Wasserstand der Oder gedrückt. Dabei besagt eine vom Land selbst in Auftrag gegebene Gewässerstudie, dass das aus Hochwasserschutzgründen überhaupt nicht notwendig ist und die Ein- und Auslassbauwerke zumindest im Friedrichsthaler Polder (10) ganzjährig offen bleiben könnten. Der Wasserstand würde sich auf natürliche Weise dem der Oder anpassen.
Die wenigen heute dort noch wirtschaftenden Landwirte müssten sich allerdings auf eine extensive Bewirtschaftung umstellen und zumindest in feuchten Jahren auf die frühe Nutzung ihrer Pachtflächen verzichten. Die meisten sind längst damit einverstanden. Das Land Brandenburg würde durch diese Umstellung erhebliche finanzielle Mittel sparen und der einzige brandenburgische Nationalpark hätte dann die Chance, sich vielleicht zu einem echten Nationalpark, wenigstens auf einer großen Teilfläche, zu entwickeln. Es wird also Zeit, dass den klugen Ministerworten endlich konkrete Taten folgen.
Erfreulich ist immerhin, dass in diesem Jahr wegen den gewaltigen Wassermengen nicht schon Mitte April, sondern erst Anfang Mai mit dem Abpumpen begonnen wurde. Sinnvoll wäre aber, wie in der brandenburgischen Gewässerstudie vorgeschlagen, im Criewener und Schwedter Polder (A/B) erst Ende Mai, wenn notwendig, abzupumpen, im Friedrichsthaler Polder (10) überhaupt nicht mehr. Man kann nicht auf der gegenwärtig laufenden internationalen Artenschutzkonferenz der Vereinten Nationen in Bonn den galoppierenden Artentod wortreich beklagen und gleichzeitig im einzigen Auennationalpark Deutschlands den letzten Wiesenbrütern das notwendige Nass unter den Nestern wegpumpen.
Thomas Berg
Vorstandsvorsitzender