Die Wisente kehren zurück (05.06.2012)
Nach der Wiederansiedlung des rückgezüchteten Auerochsen und des rückgezüchteten westlichen Wildpferdes im Unteren Odertal kehrt nun nach langen Vorbereitungen auch das letzte, noch nicht ausgerottete europäische Wildrind, nämlich der europäische Wisent (Bison bonasus) in den Nationalpark Unteres Odertal zurück. Während der Auerochse und das westliche Wildpferd vom Menschen in historischer Zeit ausgerottet und nun wieder aus ursprünglichen Formen nach und nach rekonstruiert werden, blieben einige wenige wilde Wisente am Leben und wurden zu Stammformen der heute wieder weit verbreiteten Wisente. Diese urigen Wildrinder streiften durch das Untere Odertal, als es noch keine Menschen, kein Land Brandenburg und auch keinen Nationalpark gab. Sie sind hier seit Urzeiten heimisch und gehören hier hin. Jetzt kehren Sie endlich zurück, aus Sicherheitsgründen freilich durch einen kräftigen Zaun gesichert.
Als Standort für die Wisente wurde eine bisher wenig ertragreiche Agrarsteppe neben dem Criewener Parkplatz, bisher eine Investruine, genutzt, umgeben von den naturnahen Wäldern des einzigen Auennationalparkes Deutschlands. Obwohl das Wisentgehege für die Besucher gut zu erreichen ist, handelt es sich hierbei nicht um ein Schaugehege, sondern um ein Projekt der Arterhaltung und des Naturschutzes, gleichzeitig aber auch um ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein für die Berkholzer Agrargenossenschaft, die sehr viel Erfahrung in der Rinderhaltung hat und ihren landwirtschaftlichen Betrieb diversifizieren möchte. Die Nationalparkstiftung Unteres Odertal unterstützt diese fruchtbare Verbindung zwischen Naturschutz und Landwirtschaft nach Kräften, die Verantwortung für die Wisenthaltung liegt aber bei den erfahrenen Rinderzüchtern aus Berkholz.
Die vier jungen Wisente (2 Männchen, 2 Weibchen) stammen aus dem Tierpark und dem Zoo Berlin. Diese zusammengenommen artenreichsten Tiergärten der Welt sind seit 17 Jahren Partner der Nationalparkstiftung, was sich immer wieder ausgezahlt hat, beim Exkursionsprogramm wie bei der Wisentzucht. Die Verbindung von zoologischen Gärten und Nationalparken ist vernünftig und zukunftsweisend.
Die vier Wisente werden viel Platz haben. Insgesamt stehen ihnen 13 Hektar Wiesen zur Verfügung, mehr als sie benötigen. Die Grünflächen werden sich also rasch in wilde Weiden verwandeln und Platz für Nachwuchs lassen.
Der feste Zaun ist in Zusammenarbeit mit Sielmanns Naturlandschaften in der Döberitzer Heide entwickelt worden, dem zweiten Partner der Nationalparkstiftung für das Wisentprojekt. Der Zaun hält zwar die Wisente davon ab, das benachbarte Dorf Criewen zu besuchen, er zerschneidet aber nicht die Landschaft. Mehrere Durchlässe lassen alle anderen Wildtiere des Waldes und Feldes ungehindert ein- und austreten. So integriert sich die Wisentweide ganz organisch in die umgebenden Nationalparkwälder. Das Gatter stellt nur für die Wisente selbst eine Barriere dar. Darüber hinaus wurden zahlreiche Bäume gepflanzt, um den einmal im Wald, einmal in der offenen Landschaft lebenden Wisenten Schatten zu geben.
Dr. Ansgar Vössing
Vorstand