Von Polen ler­nen heißt sie­gen lernen!

Der ein­zi­ge Natio­nal­park Bran­den­burgs wird gera­de kom­plett ein­ge­zäunt wie ein gro­ßer Zoo, nur ohne Ele­fan­ten! Wan­de­rungs­be­we­gun­gen von Huf­tie­ren wie Elchen oder Wisen­ten sind nicht mehr mög­lich, nur Vögel kön­nen noch frei flie­gen. Hohe Metall­zäu­ne ver­sper­ren den ande­ren Tie­ren den Weg, auch den Besu­chern, die sich von den Anti-Coro­­na-Maß­­nah­­men erho­len wol­len und nun von Gat­ter zu Gat­ter stol­pern. Nun läuft das Oder­tal wie meist im Win­ter, gera­de mit Was­ser voll, für die ein­ge­sperr­ten Tie­re, nicht nur die bösen Schwei­ne, son­dern auch die guten Rehe gibt es aus die­sem „Zoo“ kein Ent­rin­nen, sie schei­tern an den Zäu­nen und ver­en­den jämmerlich.


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Grund für die unglaub­lich teu­ren und auf­wen­di­gen Zäu­nun­gen quer durchs Land ist der ver­zwei­fel­te Ver­such der zustän­di­gen Behör­den, das Vor­drin­gen der Afri­ka­ni­schen Schwei­ne­pest (ASP) an der Ost­front auf­zu­hal­ten, vor allem um die Schwei­ne­ba­ro­ne mit ihrer Mas­sen­tier­hal­tung, vor­zugs­wei­se in Nie­der­sach­sen und Nor­d­rhein-Wes­t­­fa­­len, zu schüt­zen. Deren Geschäfts­prin­zip besteht dar­in, auf zer­stör­ten Urwald­flä­chen ange­bau­tes Soja-Fut­­ter aus Süd­ame­ri­ka zu impor­tie­ren und das Schwein­fleisch, vor­zugs­wei­se nach Chi­na, zu exportieren. 

Die­ser Ver­such ist aber, leicht erkenn­bar, zum Schei­tern ver­ur­teilt. Viren las­sen sich nicht auf­hal­ten. Die Afri­ka­ni­sche Schwei­ne­pest, die von Afri­ka mit Schif­fen nach Geor­gi­en und von dort nach und nach gen Wes­ten ver­schleppt wur­de, ist eine für Men­schen bis­her unge­fähr­li­che, für Schwei­ne aber sehr töd­li­che Virus­in­fek­ti­on, für die es kei­ne Imp­fung und kein Gegen­mit­tel gibt. Sie wird aber nicht nur von Schwein zu Schwein, son­dern auch über Fleisch- und Wurst­pro­duk­te von infi­zier­ten Schwei­nen über­tra­gen. Auch Nage­tie­re und Kolk­ra­ben, die an infi­zier­tem, ver­en­de­tem Wild naschen, kom­men als Über­trä­ger infra­ge, und die wer­den durch den Anti-Viren-Schut­z­­wall an der Ost­front, der nun immer wei­ter nach Wes­ten ver­legt wer­den muss, nicht auf­ge­hal­ten, denn schon jetzt gibt es Infek­ti­ons­her­de west­lich der aktu­ell gezäun­ten Verteidigungslinie. 

Für den Natur­schutz ist die Lage dra­ma­tisch. Alle Fach­leu­te vom WWF bis zur Natio­nal­park­ver­wal­tung Unte­res Oder­tal sind sich da einig, wer­den aber nicht gehört. An den Zäu­nen spie­len sich schreck­li­che Sze­nen ab, Reh­bö­cke ver­fan­gen sich mit ihrem Gehörn im Zaun und ver­en­den kläg­lich. Tier­wohl sieht anders aus. 

Inner­halb der Zäu­nung sol­len alle armen Schwei­ne auf jede erdenk­li­che Wei­se zu Tode gebracht wer­den, 365 Tage im Jahr, Tag und Nacht, eine Waid­mann­seh­re gilt nichts mehr. Auch Fal­len wer­den auf­ge­stellt. Aber, wie gesagt, es gibt noch ganz ande­re Infektionswege. 

Dra­ma­tisch sind die Zäu­ne auch für das Wolfs­ma­nage­ment. Her­den­schutz mit hohen Elek­tro­zäu­nen funk­tio­niert zur­zeit noch ganz gut. Zwar kön­nen die Wöl­fe dar­über sprin­gen, haben das bis­her aber noch nicht gelernt und prak­ti­ziert. Es war nicht nötig. Nun ver­sper­ren über­all Zäu­ne ihre Wan­der­we­ge. Die intel­li­gen­ten Tie­re ler­nen also rasch, über hohe Zäu­ne zu sprin­gen, der bis­he­ri­ge Her­den­schutz wird danach nicht mehr gut funk­tio­nie­ren, ein Zusam­men­le­ben von Mensch und Wolf schwierig. 

Ande­re Län­der gehen ande­re Wege als das stark von Mas­sen­tier­hal­tung gepräg­te Däne­mark oder Deutsch­land. Unser öst­li­ches Nach­bar­land Polen lässt die Seu­che ein­fach durch­zie­hen in der wei­sen Erkennt­nis, dass alle teu­ren Gegen­maß­nah­men letzt­lich sinn- und wir­kungs­los sind. Polen wei­gert sich beharr­lich, an sei­ner West­gren­ze eben­falls Grenz­be­fes­ti­gungs­an­la­gen hoch­zu­zie­hen. Auch die Bun­des­re­gie­rung will den teu­ren Spaß den Län­dern nicht finan­zie­ren, die gemäß Grund­ge­setz für die Seu­chen­be­kämp­fung auch zustän­dig sind. Ein Teil der Wild- und Haus­schwei­ne wird infi­ziert und stirbt, ein ande­rer, resis­ten­ter Teil der Popu­la­ti­on wird über­le­ben und Aus­gangs­punkt einer neu­en und gesun­den wer­den. Polen emp­fiehlt sei­nen Mas­sen­tier­hal­tern, ihre Stal­lun­gen selbst zu schüt­zen. Schon heu­te ist ja in die­se Fes­tun­gen für nor­ma­le Sterb­li­che kein Rein­kom­men. Aus Natur­schutz­sicht jeden­falls kann man auch in die­sem Fal­le nur wie­der ein­mal sagen: Von Polen ler­nen heißt sie­gen lernen!

Dr. Ans­gar Vössing