Grasschnitt wird zunehmend in Europa und auch weltweit zum begehrten Rohstoff, nicht nur als Futtermittel und Stalleinstreu und damit als Dünger, sondern auch als Kohlenstoff-Senke und ‑Lieferant. Die zukünftige Verwendung von Grasschnitt steht im Mittelpunkt eines EU-Forschungsprojektes, das auf den englischen Namen „GO-GRASS“ hört, für vier Jahre, von Oktober 2019 bis September 2023, läuft und den Partnern insgesamt gut 10 Millionen Euro Fördermittel zur Verfügung stellt. Das deutsche Demonstrationsvorhaben im unteren Odertal ist dabei mit knapp 850.000 Euro budgetiert. Weitere Partner sind Ungarn, Rumänien und Spanien, welche die von Schweden, Dänemark und den Niederlanden entwickelten Demonstrationsvorhaben später auf ihre Praxistauglichkeit untersuchen sollen. Insgesamt sind 22 Partner, beispielsweise Universitäten, Forschungsinstitute und Naturschutzorganisationen, aus acht europäischen Ländern beteiligt. Projektkoordinator ist das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) in Potsdam.
In Dänemark, Deutschland, den Niederlanden und in Schweden wird jeweils eine Nutzungsform von Gras genau untersucht. Im deutschen Demonstrationsvorhaben wird die Produktion von Pflanzenkohle, auch als Biokohle zum Düngen bekannt, untersucht. Als Ausgangsmaterial wird dabei der Schnitt einer späten, einschürigen Mahd aus den Polderflächen des Nationalparkes eingesetzt, für den es bisher, beispielsweise bei der Herstellung von Biodiesel, Bioethanol oder Biogas, wenig Verwendung gibt, da dieser Spätschnitt eine geringere Nährstoffqualität und einen hohen Verholzungsgrad aufweist. Als Ausgangspunkt für die Produktion von Pflanzenkohle kommt dieser heterogene und feuchte Grasschnitt aber durchaus infrage. Die Karbonisierung soll in einer Pilotanlage mit Hilfe einer thermochemischen Umwandlung (Pyrolyse oder hydrothermale Karbonisierung) in einem landwirtschaftlichen Betrieb erfolgen. Das Endprodukt kann auf landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Verbesserung sandbetonter Böden mit niedrigen Bodenwertzahlen eingesetzt werden. Der Zusatz der Biokohle soll einen positiven Einfluss auf Bodeneigenschaften wie die Wasserhaltekapazität oder den Nährstoffaustausch haben. Da zurzeit ein direkter Einsatz von Pflanzenkohle aus Gras in Deutschland nicht gestattet ist, wird diese Pflanzenkohle als Zwischenschritt der Einstreu beigefügt. Die Pflanzenkohle in der Einstreu bindet Feuchtigkeit, aber auch organische und mineralische Stickstoffverbindungen in den Ställen. Tierische Ausscheidungen werden durch die Biokohle absorbiert, was selbstredend das Stallklima verbessert und damit direkt dem Tierwohl, aber auch den dort arbeitenden Menschen dient.
In Schweden wird aus Schilfgras durch Brikettierung hygienisierte Einstreu für die Tierhaltung hergestellt. Nach der Nutzung im Stall kann das Einstreumaterial auch als Düngemittel ausgebracht oder in der Biogasproduktion genutzt werden.
In den Niederlanden wird aus Landschafts- und Fahrbahnrandstreifengras Papier hergestellt. Dieses Vorhaben ist besonders hervorzuheben, da hier Gras verarbeitet wird, welches bisher nur wenig Verwendung gefunden hat, vor allem wegen seiner Belastung mit Schwermetallen oder anderen Verunreinigungen. Durch eine bestimmte Vorbehandlung und Fermentation werden Faserbestandteile aus der Mahd extrahiert und in weiteren Prozessen zu qualitativ hochwertigem Papier verarbeitet.
In Dänemark wird mit Hilfe einer Bioraffinerie aus Gras von nitratsensitiven Flächen und aus Paludikulturen Protein extrahiert. Das Produkt ist ein Proteinkonzentrat, welches dem Futtermittel als Ernährungsergänzung für Schweine und Hühner hinzugefügt werden kann. Das Proteinkonzentrat enthält viel Energie und wichtige Nähstoffe für die Tiere. Zukünftig könnte mit dem Grasprotein die Einfuhr von Soja basiertem Protein reduziert werden.
Wir sind stolz, in diesem wichtigen Forschungsprojekt Deutschland vertreten zu dürfen und werden unsere geneigten Leser auch in Zukunft über die Fortschritte bei uns in Deutschland, aber auch bei unseren europäischen Partnern, auf dem Laufenden halten.
Weitere Informationen
über die aktuellen Entwicklungen von GO-GRASS finden Sie auf der GO-GRASS Homepage.
Twitter: https://twitter.com/GoGrassEU
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Instagram: https://www.instagram.com/gograsseu/
Finanzierung: Dieses Projekt wurde aus Mitteln des Forschungs- und Innovationsprogramms „Horizont 2020“ der Europäischen Union im Rahmen der Finanzhilfevereinbarung Nr. 862674 finanziert.
GO-GRASS Intro-Video
Publikationen
Projektmanager
Projektbetreuung
Dr. Gabriele Joanna Kowalski
Gabriele Kowalski ist zuständig für die Koordinierung der Aufgaben vom Nationalparkverein im Rahmen des EU-Projektes GO-GRASS. Neben der finanziellen Administration, betreut sie die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen, die Kommunikation zu regionalen und überregionalen Partnern und die Öffentlichkeitsarbeit für dieses Projekt vor Ort. Neben diesen Aufgaben ist sie die neue Ansprechperson für Fragen zu unseren Wisenten.
Gabriele Kowalski hat an der Universität Potsdam in der Tierökologie zum Bewegungsverhalten in fragmentierten Landschaften (Titel: „Animal movement patterns across habitats: connecting biodiversity“) promoviert. Während des Studiums an den Universitäten in Marburg und Bielefeld lagen ihre Schwerpunkte bei Themen zum Natur- und Artenschutz, der Verhaltensforschung und der Populationsgenetik. Schon früh im Studium hatten sich die Wege von Gabriele Kowalski und dem Nationalparkverein während eines mehrwöchigen Praktikums gekreuzt. Gabriele Kowalski spricht Deutsch und Polnisch als Muttersprachlerin und Englisch fließend, somit ist sie eine ideale Ergänzung für das Team des Nationalparkvereins.
Telefon: (0049) 3332–2198-25 (Sprechzeit nur am Donnerstag)
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